Wer zeigt Demut in der Wirtschaft Teil 2

In loser Folge berichte ich über Führungskräfte, die Demut verinnerlicht zu haben scheinen. Das heißt natürlich nicht, dass sie perfekt sind und alles richtig machen. Aber sie scheinen klug dranzubleiben! Heute mehr zu Götz Werner - dem Gründer der Drogeriekette DM. Alle Zitate stammen aus seiner Autobiographie "Womit ich nie gerechnet habe".

Schwächen zeigen/Fehler zugeben

"Mir fehlte die Zeit, irgendwelche Seminare zu besuchen – und auch der Wille. Als Pionier weiß man sowieso immer alles besser. Ich machte ja alles richtig, also musste ich nichts lernen. Glücklicherweise bekam ich mit dem wachsenden Erfolg dann doch ein mulmiges Gefühl oder besser: spürte einen gewissen Lernbedarf. Nicht weil wir in Schwierigkeiten oder gar in Verlust zu geraten drohten, sondern weil ich mich fit halten wollte. Schließlich wusste ich vom Rudern, dass man ohne regelmäßiges intensives Training keine Regatta gewinnen kann – auch wenn man in der Vergangenheit zahlreiche Pokale gesammelt hat."

Haken dran

Stärken zeigen

"Ich beschloss, den Menschen das Fragen abzugewöhnen. Immer wenn mich jemand fragt, stelle ich eine Gegenfrage, und zwar nicht nur eine, sondern gleich drei – und möglichst ist eine darunter, die ein bisschen Arbeit macht. Statt also auf die Frage »Herr Werner, wie soll das und das gemacht werden?« wie bislang reflexhaft zu reagieren und zu sagen, wo es langgeht, antwortete ich nun: »Haben Sie denn das schon untersucht? Und dies wäre vielleicht auch noch eine Frage. Außerdem habe ich gehört, da gibt es ein Unternehmen sonst wo. Fahren Sie doch mal dahin. Finden Sie heraus, wie die das machen.« Die neue Führungslogik: vom Direktor zum Evokator Die Idee dahinter war zwingend einfach: Immer dann, wenn ich als Vorgesetzter eine Antwort gebe, dann sagt der Mitarbeiter: »Alles klar. Der Herr Werner hat das so gesagt. So muss ich das machen.« Auf diese Weise verblöde ich die Menschen. .. Die neue Methode war unglaublich erfolgreich. Wer immer mir eine Frage stellte, bekam drei neue Fragen. Die Leute haben sofort begriffen: »Wenn ich zum Herrn Werner gehe, obwohl ich die Lösung schon weiß, dann bohrt er mir mein Problem auf.« Diese Art der instinktiven Rückdelegation hat super funktioniert. Plötzlich hat keiner mehr ohne echtes Anliegen gefragt. Jetzt haben die Leute die Antwort, die sie eigentlich schon selbst kannten, sich zu eigen gemacht und auch verantwortlich getragen."

Haken dran

Andere anerkennen

Jeder Mensch, der morgens aufwacht, hat mindestens zwei Gründe, warum er heute liegen bleiben sollte. Wir müssen den dritten Grund liefern, damit er sagt: »Ich stehe auf, ich werde gebraucht, auf mich kommt es an.« Wenn wir ihn schlecht behandeln, wird er aufwachen und sagen: »Für die bin ich sowieso nur kleines Rädchen im Getriebe, da kann ich heute auch liegen bleiben.

Wenn jemand weiß, dass er der Einzige ist, der den Durchblick hat, und dass ohne ihn alles zusammenbricht, dann kann man ihn sogar Idioten nennen – er wird trotzdem seine Arbeit machen. Aber wer eine Arbeit verrichtet, die auch jeder andere erledigen könnte, den kann man nicht oft genug daran erinnern, dass es gut und wertvoll ist, dass er sie tut. Das können Sie in jeder Familie erleben: Einmal im Jahr kunstvoll den Weihnachtsbaum schmücken, da wollen alle mithelfen. Aber am Abend den Müll runtertragen, da schreit keiner »Hier!«. Umso wichtiger ist es, dass man den Menschen vermittelt, dass Arbeit verschiedene Werte haben kann: einen für sich selbst, weil man sich darin erfahren und weiterentwickeln kann, und einen für die Gemeinschaft."

Haken dran

Lernbereit und offen sein

"Wir müssen dafür sorgen, dass die Filialleiterin als die Verantwortliche die Filiale führt – egal was zu tun ist. Die Filialleiterin muss selbst die Verantwortung tragen und spüren, dass es auf sie ankommt. Und das heißt: Wir müssen unsere ganze Organisation anders aufziehen. Dieser kurze Moment an der rutschenden Theke war der Anfang für eine kleine Revolution bei dm, wenngleich wir uns in den letzten Jahren schon stetig in genau diese Richtung bewegt hatten. Das war keine wirkliche Strategie, sondern die logische Folge all dessen, was wir in den Jahren zuvor gedacht und getan hatten. Der Apfel war gereift und fiel jetzt vom Baum. Aber nun veränderte sich das ganze System. Wir bauten die Organisation um und gaben unserer Führungskultur eine neue Richtung. Wir begannen etwas, das wir bald »Dialogische Führung« nannten."

Haken dran

Das größere Ganze sehen

"Gelegentlich trafen mich in den ersten Jahren meines »Rentnerdaseins« vor allem in Wirtschaftskreisen mitleidige Blicke, und irgendjemand stellte die Frage: 'Wollen Sie wirklich schon Ihr Lebenswerk aufgeben?' Da nickte ich freundlich und antwortete: 'Ein Lebenswerk wird ja erst dann zum Lebenswerk, wenn es so angelegt ist, dass es von anderen weitergeführt werden kann."

Haken dran